Quantcast
Channel: Der Volo-Blog der Freien Presse
Viewing all articles
Browse latest Browse all 101

Das war unser Volo-Jahr 2013… ein persönlicher Jahresrückblick

$
0
0
VON JÜRGEN FREITAG

Zweitausenddreizehn. Ausgeschrieben liest sich die Jahreszahl ausgesprochen zäh; dabei ging das Jahr 2013 doch flugs an uns vorüber. Werfen wir einen Blick zurück:

Januar: Während ich in der Universitätsbibliothek sitze, drinnen, im Warmen und an den letzten Sätzen meiner Diplomarbeit feile, tobt draußen ein wildes Schneegestöber. Klingt ungemütlich, sieht aber wunderschön aus. In Gedanken versunken, trifte ich in die unendlichen Weiten ab. Das sieht dann in etwa so aus: „Wenn sich das Universum wie ein Ballon aufbläht und wir im Ballon sind, was ist dann außerhalb? Gott? Noch ein Ballon? Oder völlig verrückt: Nichts?“

April: Ich bin offiziell exmatrikuliert. Ein Alptraum, der mich dank perfektionierter Prokrastination schon des Öfteren aus der Rem-Schlafphase gerissen hat, wird wahr. Klingt dramatisch, ist aber der normale Gang des Studenten-Lebens. Denn: Ich bin fertig. Endlich. To mark the occasion: Hebt die Gläser!

September: Ende des Monats folgt der nächste Meilenstein: Ich hänge meine Freie Journalist- und Kellner-Karriere an den Nagel – und ziehe gen Osten. Freie Presse, Plauen, sächsischer Dialekt, isch komme!

Dezember: Der dritte Advent ist vorüber. Und ich habe noch keine Weihnachtsgeschenke. Oh, Schreck. Wie die letzten drei Monate in der Plauener Lokalredaktion waren? Engagierte Kollegen, gute Themen. Was mir in Erinnerung bleibt? Eine kleine Auswahl: trickreiche Kaninchenzüchter und der Mief von 500 Kühen.

VON CORNELIA HENNERSDORF

Abwechslungsreich! Aber hola! Ich habe in Plauen im 5. Stock Plattenbau gelebt und in Zwickau in einer 15-Quadratmeter-Wohneinheit samt Bad und Küche gewohnt. Ein Vierteljahr bin ich täglich nach Zschopau ins Erzgebirge geeiert, dafür hatte ich drei Monate lang einen Arbeitsweg von nur zwei Minuten.

Meine eindrücklichsten Recherchen? Kurioserweise fällt mir da der Katzenfütterer von Plauen ein. Ist jetzt vielleicht nicht so eine super Vorzeigegeschichte, aber scheinbar hat mich das Thema beschäftigt, wenn ich immer noch dran denke. Es ging um einen armen Mann, der kaum Geld zum Leben hat, aber trotzdem täglich die vielen streunenden Katzen an der Talsperre Pirk  mit frisch gekochtem Essen füttert. Die Leserreaktionen waren enorm und reichten ungefähr von „Kann ich für den Mann spenden?“ bis „Man müsste die Viecher erschlagen!“ Aufregerthema gelungen. Andere Geschichten drehten sich um Stasi-Opfer, Streik in der Reichenbacher Klinik, einen DFB-Physiotherapeuten oder den Einfluss der Zensuszahlen auf kleine Kommunen. Ich schrieb über den Arbeitsalltag eines Bademeisters, Hochwasserschäden und barrierefreie Wahllokale, eine Jungunternehmerin, die sich von Behörden gegängelt fühlt und eine Bäckersfrau, die noch in die hinterletzten Erzgebirgsdörfer kutschiert, um die letzten verbliebenen Einwohner mit frischen Brötchen zu versorgen. Joa, ich sag mal: auf ein Neues!

VON TANJA GOLDBECHER

„Genies fallen nicht vom Himmel. Sie müssen Gelegenheit zur Ausbildung und Entwicklung haben,“ sagte der Sozialdemokrat August Bebel (1840 – 1913). Bei der Freien Presse ist das so. Kaum in der Redaktion angekommen, hieß es: Themen suchen, recherchieren und Artikel schreiben. Wir lernen hier nicht nur Theorie, sondern probieren sie jeden Tag aus. Selbst wenn dabei nicht sofort journalistische Meisterwerke entstehen, hat man immer wieder die Chance, es beim nächsten Mal besser zu machen. Besonders gut gefällt mir, dass an konstruktiver Kritik nicht gespart wird, die für Volontäre eben auch so wichtig ist. Meine erste Volo-Station ist schon vorbei. Ab Januar heißt es: neue Themen, neue Kollegen und neue Texte. Die Volos kommen viel rum in ihrem Ausbildungsleben.

VON JULIA LAPPERT

Am 2. Januar war mein erster Arbeitstag bei der Freien Presse in Chemnitz, kaum zwei Wochen vorher hatte ich einer unfreundlichen Person im Prüfungsamt der Uni Düsseldorf meine Masterarbeit in die Hand gedrückt. Wiederum zwei Wochen später hatte ich mein erstes Interview mit einem Star: Matthias Schweighöfer stellte in Chemnitz seinen neuen Film vor. Alle Aufregung war irgendwie umsonst, nach fünf Minuten war alles wieder vorbei. In den folgenden Monaten war ich für die Freie Presse bei Konzerten von den Sportis und Joe Cocker, besuchte die JVA in Chemnitz und Angela Merkel besuchte uns in der Redaktion. Ich sprach mit Björn Casapietra, Nico Müller und Gaby Hauptmann. Versuchte viele komplizierte Statistiken zu verstehen (Journalisten und Zahlen, aber das Thema ist einen eigenen Blog-Eintrag wert), und mischte mich unter die Teilnehmer eines Greenpeace-Camps. Kassierte mindestens fünf Strafzettel wegen Falschparkens (das teure Los des Ortsunkundigen) und beschäftigte mich mit illegalem Müll, ausländischen Studenten und der sächsischen Textilbranche. Und ich feierte mit den Zschopauer Senioren in einem Jugendzentrum – und hatte die ganze Zeit den Song „Forever young“ im Kopf. Und weil das Beste immer zum Schluss kommt, durfte ich mich kurz vor Weihnachten als Christkind verkleiden.

VON FRANZISKA PESTER

Das erste Jahr meines Volontariats war eine spannende und abwechslungsreiche Zeit, in der ich viele interessante Geschichten recherchiert und geschrieben habe. Doch eine ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Im Vogtland, wo ich den Sommer verbrachte,  bekam ich den Auftrag, einen Mann zu interviewen, der schwer erkrankt war und dem deshalb ein neues Herz und eine neue Lunge transplantiert werden mussten. Das Thema ging mir sehr nahe und vor dem Interview hatte ich ein mulmiges Gefühl – das gebe ich ehrlich zu. Ich wusste schließlich, dass das Gespräch sich um viele persönliche, intime und auch schmerzliche Dinge drehen wird. Doch alle meine Sorgen waren unbegründet. Es hat mich tief beeindruckt, wie offen und ehrlich mein Gegenüber mir Einblick in seine Krankheitsgeschichte gewährt hat. Nie vergessen werde ich die Lebensfreude und Fröhlichkeit, die er und seine Frau, jetzt nachdem alles gut geworden ist, ausgestrahlt haben. Hier gehts zum Artikel.

VON EVA MARIE STEGMANN

Inspirierendster Termin: Manchmal trifft man Menschen, die so einzigartige Dinge tun oder einfach nur einzigartig sind, dass man danach mit dem Gedanken nach Hause eilt: Wow! Ich muss etwas tun! Wenn ich zum Beispiel durch eine abgefahrene Frisur daran erinnert werde, dass der letzte Friseurtermin gefühlt Jahre zurückliegt. Oder dass ich diesen Roman von Tom Wolfe, den der Interviewpartner da hatte, unbedingt auch haben muss. Oder, dass sein voller Kühlschrank mich anschreit: Geh einkaufen!

Dieses Jahr – Trommel – geht der Preis an: einen Kinderhort. Dort traf ich beim Rauchen auf dem Balkon zufällig eine unbeteiligte Dritte. Zum Hintergrund: Ein guter Freund von mir ist auf der Suche nach einem Spielfilm, den er irgendwann einmal im Fernsehen gesehen hatte. Doch er wusste nicht einmal den Titel des Films. Diese unbeteiligte Dritte jedenfalls hatte den Film auf VHS. „Wow! Ich muss etwas tun!“, dachte ich und ließ mir von ihr versprechen, mir die Kassette zu überspielen.

Termin, über den ich mich geärgert habe: auch der Kinderhort. Die Betreuerin war hyperaktiv, ich hatte Kopfweh und keine Chance, sie zu unterbrechen, ohne unfreundlich zu werden. Als ich ankündigte, noch jemand anderen aus dem Hort zu befragen, verfolgte sie mich. Ihre Stimme wurde immer schriller und formte Details aus ihrem Privatleben, die mich nicht interessierten, zu Worten, die ich nicht hören wollte.

Termin, über den ich mich gefreut habe: Kinderhort. Die VHS-Kassette sollte die perfekte Weihnachtsüberraschung für meinen guten Freund sein.

Termin, über den ich mich gefreut habe und im Nachhinein enttäuscht wurde: Der Kinderhort. Nach all dem Ärger hatte mein Kumpel den Film eine Woche zuvor selbst gefunden.

VON BENJAMIN LUMMER

Heiße Tage und Nächte. Gefühlt war es ja ein eher kaltes, schnee- und wasserreiches Jahr. Ja der ewige Winter und das katastrophale Hochwasser haben auch mein journalistisches Jahr geprägt. Zwei Mal wurde es aber auch richtig heiß für mich, einmal klimatisch, einmal politisch. Ende Juli, 35 Grad, strahlender Sonnenschein. Ausgerechnet da machte sich der Extremsportler Thorsten Hoyer auf zu seinem Rekordversuch. In drei Tagen wollte er 250 Kilometer am Stück auf dem Kammweg im Erzgebirge laufen – ohne Übernachtung. Und ich durfte ihn eine Weile begleiten – für längere Pausen hatte Hoyer ja keine Zeit. Was nach einem Höllenritt klingt, entpuppte sich als angenehme Wandertour. In zwei Stunden legten Hoyer und ich gemeinsam 13 Kilometer zurück – und tauschten uns über Gott und die Welt aus. Sein Ziel hat Hoyer erreicht, mit den Kräften am Ende und völlig übermüdet. Aber zu diesem Zeitpunkt saß ich zum Glück schon wieder im klimatisierten Büro.

Noch eine heiße Nacht gab es im September: die Bundestagswahl 2013. Das Ergebnis war eindeutig – und dann doch wieder nicht: Als wir 0.30 Uhr die letzten Seiten rausgeschickt hatten, bestand noch immer die Gefahr, dass wir am nächsten Morgen aufstehen und die FDP doch noch in den Bundestag eingezogen ist. Im Bund war das dann zum Glück nicht der Fall, in Hessen hatten wir uns aber verkalkuliert: Dort zog die FDP doch noch über Nacht in den Landtag ein. Ein langer Atem – genau wie bei Thorsten Hoyer.

VON SEBASTIAN SIEBERTZ

Wahljahr 2013 – nicht nur für ganz Deutschland, sondern auch für mich. Nach dem hartem Wahlkampf (Bewerbungsphase) folgte das Ergebnis, das nur eine realistische Schlussfolgerung zuließ: die Große Koalition (die Heimat verlassen und bei der Freien Presse als Volontär anfangen). Als ich den Koalitionsvertrag (Volontärsvertrag) schwarz auf weiß in den Händen hielt, ging es mir ähnlich wie der SPD-Basis: Inhaltlich entsprach der Kontrakt zum größten Teil meinen Vorstellungen, emotional hat sich aber doch etwas dagegen gesträubt. Denn ich musste meine Heimat verlassen, um ihn zu erfüllen. Mit der Unterschrift war ich in der nächsten Legislaturperiode (Volontärszeit) an etwas gebunden, das mir nicht ganz geheuer war (Chemnitz). Mein inneres Mitgliedervotum ist dann aber noch eindeutiger ausgefallen als bei den Genossen: Mit 100 Prozent Zustimmung bin ich in die Große Koalition gestartet.


Tagged: 2013, Angela Merkel, Benjamin Lummer, Bundestagswahl, Chemnitz, Cornelia Hennersdorf, Erzgebirge, Eva Marie Stegmann, Franziska Pester, Freie Presse, Jürgen Freitag, Julia Lappert, Katzen, Matthias Schweighöfer, Menschen, Nico Müller, Plauen, Rückblick, Sebastian Siebertz, Studienabschluss, Tanja Goldbecher, Thorsten Hoyer, Uni, Wahljahr, Zschopau

Viewing all articles
Browse latest Browse all 101