„Ach der kann toll reden“, schwärmt eine ältere Dame, noch bevor Christian Lindner seine einstündige Rede auf dem Zwickauer Kornmarkt begonnen hat. Der FDP-Chef ist gekommen, um seinen sächsischen Parteikollegen Schützenhilfe zu leisten im schwierigen Wahlkampf im Freistaat. Wie wirkt er auf die Zuhörer, mit welcher Nachricht gehe ich in die Redaktion zurück?
Text: Benjamin Schmidt, Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Im Jahr 2014 flogen die Liberalen aus dem Landtag in Dresden, jetzt stehen sie knapp bei fünf Prozent. Da kann das rhetorische Schwergewicht aus Berlin nicht schaden. Die „Freie Presse“ ist natürlich vor Ort. Für einen Volontär ist der Termin durchaus interessant, immerhin darf ich über einen bundesweit prominenten Politiker schreiben.
Reden kann der Mann. Er startet mit einem allgemeinen Bekenntnis zur Demokratie, „zu wählen ist eine moralische Verpflichtung“, sagt er und räumt damit den größten Allgemeinplatz ab, den man in einer Wahlrede bringen kann. Die Zustimmung des Publikums hat er allerdings damit. Dann noch schnell die Spitzenkandidaten des Wahlkreises gelobt, die sich ohne realistische Chancen im Wahlkampf engagieren, dann geht es in die Vollen.
Wenig überraschend, aber dennoch irgendwie schade: Der Lindner vor Ort erzählt gekonnt genau das Selbe wie der Lindner bei Sandra Maischberger, Anne Will oder in der Tagesschau. Er wünscht sich einen schlanken Staat, einen liberalen Markt und der Klimawandel soll bitte mit Spitzentechnologie bekämpft werden anstatt mit spaßfreier Askese.
„Ach der kann toll reden“ sagen noch so einige der Besucher, die ich nach dem Vortrag zu ihrer Meinung befrage. Nur wählen will die FDP dennoch fast niemand. Inhaltlich hat er trotz toller Rhetorik wenige überzeugt, aber vielleicht immerhin die fünf Prozent des Publikums, die seine Partei auch sachsenweit braucht.
Mein Beitrag wird zu einer Einordnung der FDP im Kampf gegen die Fünf-Prozent-Hürde, gegen die Wählerwanderung zu Grünen und AfD, keine Überraschungen für mich oder die Leser. Ich sehe dem nächsten Termin bei einem Spitzenpolitiker auf jeden Fall gelassen entgegen. Viel Neues ist nicht zu Erwarten.