Was haben das Coachella-Festival, Edeka und die Gemeindefeuerwehr Großrückerswalde gemeinsam? Sie alle haben eine Pressestelle. Doch wie arbeiten die Pressestellen und was macht eine:n gute:n Sprecher:in aus? Volontärin Eva-Maria Gey hat nachgefragt.
Pressestellen sind meist unsere ersten Anlaufstellen, wenn es um die Beschaffung von Informationen geht. In einigen Pressestellen kommen täglich hunderte Anfragen von Medienvertreter:innen an, in anderen bleibt es bei weitem ruhiger. Man könnte meinen, je weniger Andrang besteht, desto schneller oder umfangreicher fallen die Antworten aus. Doch der Schein trügt. Die Ansprechpartner:innen arbeiten auf unterschiedliche Weise. Einige geben Infos großzügig heraus, andere verhalten sich zurückhaltend bis knausrig.
Zunächst ein paar Beispiele, wann wir als (Lokal-)Journalisten in unserem Arbeitsalltag mit den Pressestellen in Kontakt kommen:
- Leser:innen schreiben uns per Mail oder auf Facebook, dass sie gehört haben, das Schwimmbad in ihrer Stadt oder Gemeinde ist höchst sanierungsbedürftig und muss sehr bald geschlossen werden. Wir wenden uns an die zuständige Pressestelle und fragen, ob das Gerücht wahr ist. Falls ja, haken wir weiter nach und erkundigen uns, was da los ist. Falls nein, Wasser marsch, entschuldigen Sie die Störung.
- Mit Beginn des nächsten Monats tritt eine neue Regelung im Einzelhandel in Kraft. Wir möchten gerne zusammentragen, wie die verschiedenen Märkte und Geschäfte die Umsetzung handhaben. Also fragen wir bei den Pressestellen von Rewe, Aldi und Co. nach und bekommen die Infos von offizieller Stelle. So verweisen beispielsweise die Mitarbeitenden oder Filialleiter:innen vor Ort häufig an die Pressestelle, da sie keine Aussage gegenüber der Presse tätigen dürfen.
- Die Pressesprecher:innen einer Stadt laden uns zum offiziellen ersten Spatenstich eines Kita-Neubaus ein. Vor Ort können wir dann auch mit den Sprecher:innen ins Gespräch kommen. Im Vorfeld oder im Nachgang senden sie uns nähere Infos zu, beispielsweise zu Kosten, Laufzeit und Nutzen des Projekts.
Wir sind immer sehr dankbar, wenn die Pressestellen mit Informationen auf uns zukommen – wie im Beispiel des Spatenstichs. Mitunter ist das aber nicht der Fall, sodass wir auf Hörensagen oder den Zufall angewiesen sind. In dem Fall treten wir dann tendenziell häufiger mit negativen Anfragen oder Angelegenheiten auf.
Doch was zeichnet gute Pressearbeit (aus unserer Sicht) aus? Und wie empfinden die Sprecher:innen die Arbeit mit uns Journalist:innen, die ständig mit nervigen Fragen und einem Sack voll Recherchearbeit um die Ecke kommen? Um die Zusammenarbeit auch aus anderer Perspektive kennenzulernen, habe ich mit Frances Mildner gesprochen, der Pressesprecherin der Stadt Limbach-Oberfrohna.
Frances Mildner ist 46 Jahre alt, seit 22 Jahren Pressesprecherin der Stadt und vermutlich die Personifikation des Wortes patent. Während meines kurzen Zwischenstopps in der Lokalredaktion „Chemnitzer Umland“, zu der Limbach-Oberfrohna gehört, habe ich schnell gemerkt, dass auf die Stadtsprecherin Verlass ist. Jede Woche kam ein Überblick per Mail mit allen Veranstaltungen, die für Medien interessant sein könnten. Auf Anfragen antwortete sie schnell und ausführlich und wusste immer, an wen man sich wenden kann, sollte sie mal keine Auskunft geben können.
Der Weg zur Limbacher Pressestelle
„Nach dem Abi hatte ich null Plan, was ich werden will“, sagt Mildner. Sie landete eher zufällig in einer Werbeagentur in Chemnitz, die unter anderem verschiedene Amtsblätter herausgab – die Zeitschriften von Städten und Gemeinden mit Ankündigungen und Berichten, so auch das Amtsblatt Limbach-Oberfrohnas. Bei der Agentur machte sie ihre Ausbildung und arbeitete später in einem kleinen Verlag, den eine Kollegin in Limbach-Oberfrohna gegründet hat. Irgendwann wurde der Posten in der Pressestelle frei. Ihre Vorgängerin kam auf sie zu, weil sie sie für geeignet hielt. Sie sagte zu und trat im April 2000 die Stelle der Stadtsprecherin an.
„Es macht mir noch genauso viel Spaß wie am Anfang“, sagt Mildner. Ihr Arbeitsalltag besteht daraus, Presseanfragen zu beantworten, an Veranstaltungen teilzunehmen, Pressetermine zu organisieren und vor allem: Sehr viel Schreiben für das Amtsblatt. Im Sommer sei nahezu jedes Wochenende voller Veranstaltungen, sodass das Familienleben mitunter etwas kürzertreten muss. „Wenn ihr mich hier nicht mehr haben wollt, stelle ich mich im Tierpark an die Kasse“, sagt Mildner manchmal im Spaß zu ihren Kolleg:innen. In Wahrheit brennt sie jedoch für ihren Job und vor allem für die Stadt Limbach-Oberfrohna. Nach der Arbeit fährt sie, wie sie sagt, häufig noch eine große Runde mit dem Bad durch die Gegend, genießt die Landschaft und schaut sich beispielsweise die neue „Problemecke“ an, über die die Kolleg:innen am Mittagstisch gesprochen haben. Sie ist in Bräunsdorf – einem Ortsteil von Limbach-Oberfrohna – aufgewachsen, machte für ihre Ausbildung einen kleinen Ausreißer nach Chemnitz und lebt nun in Rußdorf, einem anderen Ortsteil.

Vom Lernprozess im Umgang mit den Medien
Als sie den Posten der Pressesprecherin übernommen hat, gab es noch einen strengen Plan, sagt sie. Jede Woche musste ein Pressetermin stattfinden, ob etwas anstand oder nicht. Auch herrschte damals ein anderer, tendenziell ausweichender Umgang mit Pressevertreter:innen. Mittlerweile betreibt Mildner offensive Pressearbeit. „Es war ein großer Lernprozess“, sagt sie, der habe sich jedoch gelohnt und ihre Kolleg:innen ziehen mit. Einige Pressesprecher:innen rücken Informationen nur auf Nachfrage heraus. Gerade im ländlichen Bereich sind wir Journalis:innen daher sehr dankbar, wenn Städte und Gemeinden uns initiativ mit Info versorgen. Mildner hat die Erfahrung gemacht, wie sie sagt, dass die Stadt mit „Mauern“ gegenüber der Presse mehr Probleme bekommt als wenn sie offensiv Informationen an die Öffentlichkeit tragen.
„Das Schöne ist, dass ich mit vielen verschiedenen Leuten zu tun hab“, sagt Mildner. Im Limbacher Rathaus arbeiten etwa 150 Leute. Mit ihnen allen ist sie im Austausch, um Informationen für die Öffentlichkeiten zu bekommen oder relevante Termine auf die Beine zu stellen. Zusätzlich präsentiert die Pressestalle der Stadt auch die Regiebetriebe, also die Bäder, Museen und den Tierpark.
Ein kleiner Schritt mit großen Folgen
Tierpark ist ein gutes Stichwort. Ein Erlebnis in Zusammenhang mit dem Tierpark ist ihr in den Jahren als Pressesprecherin besonders in Erinnerung geblieben. Es war 2013. Ein Kaninchen des Tierparks hat erstmals Junge bekommen, sechs kleine Tiere. Wahrscheinlich hatte es beim Ablecken einem der Neugeborenen die Ohren abgebissen, was wohl keine Seltenheit ist, wie Mildner heute weiß. Der Keinohrhase war geboren und mit ihm die Idee, Til Schweiger als Tierpaten anzufragen. Ein netter Werbeeffekt wäre es gewesen, ihn nach Limbach-Oberfrohna zu holen. Ein Brief an Schweiger blieb unbeantwortet, sagt Mildner. Dennoch machte die Geschichte Schlagzeilen. Unter anderem kam ein Fernsehteam aus Leipzig in den Tierpark. Ein Kameramann wollte nach den Aufnahmen im Freien auch den Keinohrhasen mit seinen Geschwistern ablichten – die wegen des Trubels bereits aufgeregt durch ihren Stall flitzten. Das Unglück nahm seinen Lauf und aus dem Keinohrhasen wurde beim Schritt nach hinten des Kameramanns ein – wie der Spiegel damals titelte – Keinhase. (Auch die Freie Presse berichtete.) „Ich weiß noch genau, wie der Tierparkleiter in meiner Tür stand und in tiefstem Sächsisch sagte ‚Die haben’s erlaatscht‘“, sagt Mildner. Ebenso in Erinnerung geblieben ist ihr auch der „Kirchenflieger“ – ein Auto, das in einer Winternacht über die Burgstädter Straße raste, über eine vereiste Böschung meterweit durch die Luft flog und schließlich im Dach der Kirche steckenblieb. „Leute sind mit Reisebussen angereist, um das zu sehen“, sagt Mildner.
„In Limbach hast du alles, was du brauchst. Es ist schon ganz cool bei uns“, sagt Mildner zu ihrer Liebe für ihre Heimat. Diese zu verlassen, stand für sie nie zur Debatte. In Limbach sei es nicht anonym, man ist ständig in Kontakt mit den Menschen, fast wie auf dem Dorf. Eine gute Stunde habe ich mich mit Frances Mildner unterhalten. Sie ließ keine Zweifel, dass sie sich auf allen Ebenen für ihre Heimatstadt begeistert. „In Limbach hast du alles, was du brauchst. Es ist schon ganz cool bei uns“, sagt sie. Sie wünscht sich für die Zukunft, dass sich die Stadt weiterhin so gut entwickelt wie bisher – ein Wunsch, den sie sowohl dienstlich als auch privat pflegt.